Österreich 2020 – Ein Jahresrückblick in neun Bildern
„Für viele ist die Erkenntnis vielleicht schmerzlich – aber auch die Moral ist saisonbedingt und unterliegt der Mode.“ (Federico Fellini)
Mehr als 4 Millionen Euro pro Monat gab die aktuelle österreichische Bundesregierung in diesem Jahr pro Monat (!) für Inserate, TV-Spots, Radiowerbung und Social-Media-Kampagnen aus. Der Schnitt der letzten acht Jahre lag dagegen bei bloß 1,8 Millionen Euro im Monat. Österreich gibt in absoluten Zahlen ähnliche Beträge wie das zehn Mal größere Deutschland aus. Die Gelder fließen als verdeckte Medienförderung überwiegend in die großen Boulevardmedien. In Zukunft soll dieses System weitergetrieben werden: erst kürzlich schrieb die Regierung ein Vier-Jahres-Werbebudget über 210 Millionen Euro aus. (Quelle: und Details: Der Standard).
Österreich im Jahr 2020, das ist die Geschichte einer Entwicklung, die von einer sachorientierten Informationsarbeit der Verwaltung wegführt und sich in Richtung einer Regierungspropaganda im Sinne Orbans und Trumps bewegt. Einer Entwicklung, die Zangen, Flaggen und Gebete – unterwegs in eine neue Welt weiterlesen →
Ein banal klingendes Verhalten bringt eine psychisch kranke Frau in den Maßnahmenvollzug. Ihr Fall ist kein Einzelfall, sondern repräsentativ für die Zustände. Eine Reform des Maßnahmenvollzugs ist längst überfällig.
Oliver Scheiber
Maßnahmenvollzug bedeutet die zeitlich unbegrenzte Einweisung von psychisch kranken Menschen in eine Justizeinrichtung. Voraussetzung ist ein Anlassfall, ein strafbares Verhalten. Dieses Verhalten klingt in dem vom Falter jüngst öffentlich gemachten Fall von Brigitta P. banal. Die 63-jährigen Pensionistin leidet seit ihrer Jugend an paranoider Schizophrenie. Sie hat mehrere Selbstmordversuche hinter sich. Diesen Sommer litt sie unter der Einsamkeit infolge der Corona-Maßnahmen. Eines Abends ruft sie am Balkon: „Holt’s die Feuerwehr, holt’s die Rettung oder ich zünd das Papier an und dann brennt das ganze Haus. Papier brennt, Papier brennt. Ruft’s die Feuerwehr. Hilfe, Hilfe!“. Missstand Maßnahme weiterlesen →
In Wirtschaftsdelikten steht eine aufmunitionierte Verteidigung einer unzureichend dotierten Staatsanwaltschaft gegenüber. Nicht einmal Wlan im Gerichtssaal ist selbstverständlich. Dabei sichern Behörden wie die WStA die Demokratie im Land ab.
Die Staatsanwälte im BUWOG-Prozess Alexander Marchart und Gerald Denk | Foto: APA/Roland Schlager
Die Verurteilung in einem Strafverfahren wegen Wirtschaftskriminalität oder politischer Korruption hat in Österreich meist zufolge, dass die frisch verurteilten Personen in Massenmedien ein Forum finden. Dort legen sie in oft emotionsgeladenen Reportagen oder denkbar unkritisch angelegten Interviews ihre Sicht dar. Keine andere Tätergruppe erhält diesen Raum – tausende Menschen werden jedes Jahr in Österreich verurteilt, aber welcher nicht breit bekannte Manager oder Geschäftsführer, geschweige denn welcher Einbrecher oder Gewalttäter kann schon unhinterfragt seine Zweifel an Verfahren, Rechtssystem und Ermittlungen einem Massenpublikum ausbreiten. Dazu kommt, dass
Das (nicht rechtskräftige) Urteil gegen Karl-Heinz Grasser ist eine späte, aber deutliche Demonstration der Stärke der heimischen Justiz. Mit Akribie und Beharrlichkeit hat sie Karl-Heinz Grassers fast perfektes Verbrechen aufgedeckt. Der Fall ist aber auch eine Mahnung an die jetzt regierende Generation. Wie kam es dazu? Zu hören: Die Begründerin des Liberalen Forums Heide Schmidt, der ehemalige FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky, der Richter und Publizist Oliver Scheiber und Falter-Chefredakteur Florian Klenk.
Populistische Politik weltweit arbeitet damit, ethnischen Minderheiten und Fremden die Schuld an jeder Art gesellschaftlicher Probleme zuzuweisen. An Arbeitslosigkeit, Budgetdefizit, Pandemien, Kriminalität. Diese politische Strategie ist faktisch leicht zerlegbar und durchschaubar. Medien könnten die inhaltliche Schwäche populistischer Politik durch Information und kritische Würdigung offenlegen. Heimische Medien geben sich stattdessen Der öffentliche Diskurs in Österreich (ist kaputt) weiterlesen →