Justizpolitik in der kommenden Legislaturperiode: drei Vorschläge

Budget(loch), Lehrerdienstrecht und Luxuspensionen bestimmen die öffentliche Debatte während der Koalitionsverhandlungen. Justizpolitik ist seit der Wahl kein Thema. Welche Aufgaben kommen auf die nächste Justizministerin/den nächsten Justizminister zu? Drei Schwerpunkte bieten sich für die kommende Legislaturperiode an: 1) ein Maßnahmenpaket zur effizienten Abschöpfung kriminellen Vermögens, 2) die Schaffung einer Justizakademie und 3) eine Neuordnung der Jugendgerichtsbarkeit.
ad 1) Abschöpfung kriminellen Vermögens: die Korruptionsbekämpfung hat in Österreich in den letzten Jahren an Kraft gewonnen. Die von Justizministerin Maria Berger erdachte Spezialbehörde (Korruptionsstaatsanwaltschaft, nunmehr WKStA) hat eine Vielzahl von Verfahren angestoßen und anklagereif gemacht. Was in der Praxis noch nicht gelingt: die breite Abschöpfung kriminell erworbenen Vermögens. Hier könnte man auf bewährte Modelle wie jenes Italiens zurückgreifen, das hier schon mehrfach vorgestellt wurde: 
Dh für Österreich: Adaptierung der Gesetzeslage, intensive Schulung der StaatsanwältInnen gemeinsam mit italienischen ExpertInnen, Umsetzung der zentralen italienischen Instrumente der Beweislastumkehr und des nationalen Registers verdächtigen Vermögens. Zu erwartender positiver Nebeneffekt: potenzielle Einnahmen für den Staat in zumindest dreistelligem Millionen-Euro-Bereich jährlich.
ad 2) Sicherheits- bzw. Polizeiakademien kennt man schon lange, mittlerweile sind auch Justizakademien in Europa Standard. Sie ermöglichen eine professionelle Personalauswahl sowie ein hochwertiges Aus- und Weiterbildungssystem für RichterInnen und StaatsanwältInnen, mit dem Schwerpunkt auf der Schärfung sozialer und kommunikativer Fähigkeiten, nach modernen didaktischen Standards, in interdisziplinärem Lehrambiente. Österreich setzt bisher auf ein dezentrales Ausbildungssystem; mittel- bis langfristig könnte sich der Verzicht auf eine zentrale Akademie als Achillesferse erweisen. Viel spricht dafür, eine Justizakademie eher heute als morgen einzurichten. Vorbildcharakter könnten vor allem die französische Richterakademie ENM und das rumänische Institut INM haben.
ad 3) Gewaltexzesse im Jugendstrafvollzug haben die Jugendgerichtsbarkeit im Frühjahr 2013 in die öffentliche Diskussion gebracht. Das Reizwort „Jugendgerichtshof“ hat eine sachliche Debatte über die Jugendgerichtsbarkeit in den letzten Jahren unmöglich gemacht. Höchste Zeit, die Diskussion im Interesse der Jugendlichen wieder aufzunehmen. Zu nötigen Maßnahmen sind sich ExpertInnen einig: es geht um die Schaffung von Justiz-Kompetenzzentren für Jugendliche in den größeren Ballungsräumen, verbunden mit einer Weiterentwicklung des Jugendstrafrechts in Richtung eines flexiblen Heranwachsendenstrafrechts. Die in Wien sehr bewährte Jugendgerichtshilfe sollte bundesweit Standard werden.  
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