Rund 12% der Bevölkerung bzw. 993.000 Personen sind laut Statistik Austria in Österreich armutsgefährdet. Diese Statistik folgt einem europäischen Berechnungmodell, die Armutsgrenze liegt demnach in Österreich bei einem monatlichen Einkommen von 994 Euro bei einem Einpersonenhaushalt. Zu diesen armutsgefährdeten Menschen gehört offenbar, wie das Magazin NEWS diese Woche aufdeckt, auch der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Laut Einkommenssteuerbescheid betrugen Grassers Einkünfte aus selbstständiger Arbeit im Jahr 2009 nach Abzug von diversen Sonderausgaben nur 1.126 Euro monatlich. Grasser zeigt, dass man, bei vernünftiger Einteilung, auch mit diesem geringen Einkommen ein würdiges Leben führen kann: zB einen 3,7 Millionen Euro-Wohnungskredit bedienen, einen der renommiertesten Strafverteidiger des Landes beschäftigen und die Frisur angemessen pflegen. Mit diesem wirtschaftlichen Geschick kann Grasser vielen als Vorbild dienen, und er bestätigt seine Qualifikation zum Finanzminister im nachhinein eindrucksvoll.
Vor wenigen Tagen ist Ariel Muzicant als Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien zurückgetreten. Muzicant hat sein Amt seit 1998 ausgeübt. Er hat die Finanzen der Kultusgemeinde geordnet, Restitutionszahlungen ausgehandelt und seine Haltung mit Leidenschaft und ohne faule Kompromisse, dafür kreativ vertreten. In der nicht übermäßig bunten Landschaft der öffentlichen Diskussion in Österreich ist Muzicant eine Lichtgestalt – das jüngste Interviews im Falter Nr 8/2012 zeugt davon (vgl. auch den Standard).
Lissabon, am Rande Europas gelegen und den Blick nach Amerika gerichtet, ist vielleicht die schönste und vollkommenste Hauptstadt des Kontinents. Mit einem ganzjährig angenehmen Klima gesegnet vereint sie wie kaum eine andere Stadt Alt und Neu. In Vierteln wie dem Bairro Alto finden sich Geschäfte so hip wie sonst nur in London, New York und Mailand – und das in einer atemberaubenden baulichen und landschaftlichen Kulisse. Die NYT hat das Phänomen kürzlich aufgegriffen. Die Bewohnerinnen und Bewohner Lissabons scheinen sich jeden Moment der Schönheit des Ortes bewusst zu sein und sie demütig zu empfangen, Überheblichkeit ist ihnen fremd. Die Stadt brachte mit Fernando Pessoa einen großen Dichter hervor, dessen Werk mit seiner Heimatstadt verwoben ist. Lissabon inspirierte seit jeher Künstler; Thomas Bernhard kam hierher um zu schreiben, Pascal Mercier holte sich Anregungen für seinen großen Roman Nachtzug nach Lissabon. Melancholie, Sehnsucht und Schwermut werden im Fado zu Musik. In seiner ursprünglichsten Form kann man ihn jeden Freitag Abend etwa im Lokal Tricanita, einige Schritte von der Schiffsanlegestelle in Cacilhas, jenseits des Flusses Tejo, erleben. Wie überhaupt ein Abstecher mit der Fähre nach Cacilhas bei keinem Aufenthalt in Lissabon fehlen sollte. Dasselbe gilt für die Strände der Costa da Caprica, ebenso wie für die Küste von Estoril. Aus dem Zentrum Lissabons weg führt die Schnellbahn hinaus nach Estoril und Cascais, in 30 Minuten erreicht man die wunderbare, kilometerlange Küstenpromenade. Nur wenig weiter findet man sich rund um den Cabo da Roca, dem westlichsten Punkt Kontinentaleuropas, an einem steilen und wilden Abschnitt der Atlantikküste wieder.
Das Lied Der Papa wird’s schon richten ist einer der Mosaiksteine zum unvergänglichen Ruhm Helmut Qualtingers – mit realem Hintergrund. Ein Lied, das freilich auch andere singen können. Glaubt man dem aktuellen Bericht von News, so wünschte sich der Sohn des ehemaligen Staatssekretärs Franz Morak für seine aufstrebende Musikkarriere dringend einen Tourbus, während die Tochter von Exbundeskanzler Wolfgang Schüssel – künstlerisch als Nina Blum unterwegs – auf der Suche nach Sponsoren für ein Theaterprojekt war. Die Wünsche der beiden Kinder wurden laut News über politische Kanäle an die Telekom herangetragen, dankenswerterweise unverblu(e)mt in emails dokumentiert. Die Telekom AG hat ganz offenbar ein Geldbad über weite Teile der österreichischen Politlandschaft ausgegossen. Mit dieser Erkenntnis hat der aktuelle parlamentarische Untersuchungsausschuss bereits nach wenigen Sitzungstagen seine Existenzberechtigung bewiesen und die Zahl der Träger der Unschuldsvermutung markant erhöht.
Ein Turiner Gericht hat die Eigentümer und Geschäftsführer der Firma Eternit zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, die Hauptangeklagten zu 16 Jahren Gefängnis. Ihnen wird zur Last gelegt, als Verantwortliche des Unternehmens Eternit gegen Umweltauflagen und Arbeitsschutzregelungen verstoßen zu haben, als Folge dieser Verstöße sollen zwischen 1973 und 1986 insgesamt 2056 Menschen verstorben sein. Soweit überschaubar ist der spektakuläre Prozess das aufwändigste und wahrscheinlich erfolgreichste Umweltstrafverfahren überhaupt. Nach fünfjährigen Ermittlungen hat das Hauptverfahren knapp drei Jahre gedauert. Eine außerordentliche Leistung der oft gescholtenen italienischen Justiz, die beispielgebend für ähnliche Fälle in anderen Ländern sein sollte. Bei der mündlichen Urteilsverkündung wurden die Namen der hunderten Opfer verlesen; auch die schriftliche Ausfertigung führt die Namen an. Der Prozess leistet damit auch eine wichtige dokumentarische Funktion, die für Angehörige wichtig und vielleicht trostspendend ist.
Das Turiner Urteil ist deshalb so wichtig, weil Umweltverbrechen und Verletzungen des Arbeitsschutzes zu jenen Delikten gehören, die trotz schwerer Folgen für Gesundheit und Leben von Menschen selten angemessen verfolgt und geahndet werden. Meist wird die Verantwortung innerhalb eines Unternehmens hin -und hergeschoben. Oft können sich Staatsanwaltschaften nicht für eine Anklage entscheiden, und wenn doch, dann greifen sie oft auf die unterste Ebene des Managements. Dazu kommt, dass sich bei Umweltdelikten Sachverständige in Gutachten oft dahingehend äußern, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Verletzung/der Tod auch auf andere Einflüsse als das in Rede stehende Umweltdelikt zurückgehen könne.