Land der Geber, Land der Nehmer

Text für die Tageszeitung DIE PRESSE (Printausgabe vom 2.3.2013)


Von politischer Korruption ist neuerdings
hierzulande viel die Rede. Und was ist mit Ärzten, die von
Pharmakonzernen „angefüttert“ werden? Wo bleibt eine effiziente
Börsenkontrolle? Korruptionsbekämpfung in Österreich: eine
Zwischenbilanz.




Korruption ist in aller
Munde. Nicht wenige österreichische Medien haben das Jahr 2012 in ihren
Rückschauen als „Jahr der Korruption“ bezeichnet. Tatsächlich startete
2012 nach jahrelangem Stillstand ein Reigen von Strafprozessen wegen
politischer Korruption und Wirtschaftskorruption: Die Staatsanwälte
erhoben Anklagen gegen den früheren Innenminister Ernst Strasser, gegen
den stellvertretenden Kärntner Landeshauptmann Josef Martinz und gegen
den politiknahen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly. Gegen weitere
prominente Verdächtige wird ermittelt. Die Fälle dokumentieren das
Absinken Österreichs ins europäische Mittelfeld, was die Verbreitung von
Korruption betrifft. So ist nach Expertenmeinung Korruption in
Deutschland und der Schweiz weniger ausgeprägt. Doch wo steht Österreich
bei Korruption und Korruptionsbekämpfung aktuell?



Rechtspolitisch interessieren bei einer solchen Bilanz drei
Themenbereiche: die Rahmenbedingungen für Korruption in Politik und
Verwaltung, die strafrechtlichen Bestimmungen und die Schlagfähigkeit
des Justizsystems bei der Verfolgung von Korruption.

Erstens: Amtsgeheimnis versus Transparenz. Während
in skandinavischen Staaten die gesamte staatliche Verwaltung weitgehend
einem Transparenzgebot unterliegt, dominiert in Österreich das
Amtsgeheimnis das staatliche Handeln. In Schweden etwa können
Bürgerinnen und Bürger den Großteil der Akten der Verwaltung einsehen.
Stechen einem beim Spazierengehen ungewöhnlich hohe Dachausbauten ins
Auge, so kann man in die Bauakten Einsicht nehmen und die Namen der
beteiligten Architekten und Beamten erheben. Wird eine neue
Schottergrube bewilligt, so kann man die näheren Umstände und Auflagen
den Behördenakten entnehmen.
In Österreich ist es mitunter
schwierig, Einsicht selbst in jene Akten zu erhalten, die einen direkt
betreffen. Akteneinsichtsbegehren sieht die Beamtenschaft überwiegend
als Störung, das Auskunftspflichtgesetz konnte daran wenig ändern.
Akten, in denen man selbst nicht Partei war, kann man gar nicht
einsehen. Behördenhandeln wird so für Medien und Bürgerinnen und Bürger
schwer kontrollierbar.
Bei den klassischen Bestechungsdelikten
gibt es grundsätzlich zwei Gewinner, den Beamten und den Bestecher, die
in einer von der Amtsverschwiegenheit geprägten Verwaltung wenig zu
befürchten haben. Die Umstellung der staatlichen Verwaltung auf ein
Transparenzsystem wäre die entscheidende präventive Maßnahme gegen
Korruption im öffentlichen Sektor – zivilgesellschaftliche Initiativen
wie jene von Josef Barth und Hubert Sickinger (www.
transparenzgesetz.at) treffen daher den Punkt. Die Causae Buwog,
Skylink, Birnbacher und Eurofighter hätten in einem transparenten System
so nicht passieren können. So manche befremdlich begründete Einstellung
eines Strafverfahrens wäre wohl nicht erfolgt, müssten
Staatsanwaltschaften ihre Einstellungsentscheidungen im Internet
veröffentlichen.

Zweitens: Strafbestimmungen gegen Korruption.
Klassische
Bestechungshandlungen wie die positive Erledigung eines Ansuchens um
eine gewerberechtliche Bewilligung gegen ein Geldkuvert stehen seit je
unter Strafe. Andere klassische Korruptionshandlungen, vor allem das
sogenannte Anfüttern, waren in Österreich lange straffrei. Beim
Anfüttern versucht der Bestecher, durch regelmäßige Geschenke einegute
Stimmung bei Behörden und Politik zu schaffen, um dann im Fall der Fälle
mit Wohlwollen rechnen zu können. Man denke an Bauunternehmen, die
Politikern Urlaubsreisen oder Festspielbesuche finanzieren, an
Architekten, die Baureferenten zum Essen einladen et cetera.
Es
bedurfte jahrelanger Kritik internationaler Gremien, bis Österreich 2008
unter der damaligen Justizministerin Maria Berger sein
Korruptionsstrafrecht massiv verschärfte und erstmals das Anfüttern
unter Strafe stellte. Bergers Nachfolgerin, Bandion-Ortner, schlug dem
Parlament bereits im Folgejahr eine Neuregelung vor, die inhaltlich eine
Verwässerung des Korruptionsstrafrechts bedeutete – ein verheerendes
Signal. Die Lockerung gab dem Druck aus Kultur und Sport nach. Die
Argumentation, strenge Korruptionsbestimmungen wären der Tod des
Sponsoring, ist freilich falsch. Sponsoring hat per se mit Korruption
nichts zu tun. Auch ist es keinem Unternehmen versagt, verdiente
Mitarbeiter oder gute Kunden zu Festspielen und in Stadien einzuladen.
Was nicht angeht, ist, dass der Telekommunikationskonzern den
Telekomregulator einlädt oder der Baumeister den Leiter der
Bauabteilung. Die Wirtschaft kennt diese Regeln aus dem Ausland – von
ihr kam weit weniger Widerstand gegen strenge Korruptionsgesetze als aus
Sport und Kultur.
Mit 1. Jänner 2013 ist nun die dritte Änderung
des Korruptionsstrafrechts binnen weniger Jahre in Kraft getreten. Im
Wesentlichen wurde die Lockerung zurückgenommen, das Anfüttern ist nun
wieder strafbar. Und doch hat der Gesetzgeber neue Lücken aufgetan: So
sind nun Geschenke für pflichtgemäße Amtsgeschäfte erlaubt, wenn sie
gemeinnützigen Zwecken gewidmet sind. Das ermöglicht, wie der frühere
Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, kritisiert,
Deals wie diesen: „Betriebsanlagengenehmigung gegen ein neues
Feuerwehrauto für den Feuerwehrverein.“ Das neue Gesetz ist also in
Summe ein Schritt nach vorne, zu einem Korruptionsstrafrecht ohne
Schlupflöcher vermag sich der Gesetzgeber freilich noch nicht
durchzuringen.

Drittens: Korruptionsverfolgung.Bis zur
Mitte der 2000er-Jahre erfolgten in Österreich kaum strafrechtliche
Verurteilungen wegen Korruption. Wenn, dann traf es kleine Beamte, die
für mehr oder weniger lässliche Sünden oft harte Strafen erhielten. Bei
bedeutenden Verdachtsfällen tat sich freilich wenig – was die Kritik
internationaler Gremien wie OECD und Europarat provozierte. Es zeigte
sich, dass die lokalen Staatsanwaltschaften nicht willens oder in der
Lage waren, Korruption ernsthaft zu verfolgen. Die Wende brachte die –
ebenfallsvon Ministerin Berger erdachte – zentrale österreichische
Korruptionsstaatsanwaltschaft. Sienahm 2009 ihre Arbeit auf und wurde
mittlerweile in „ZentraleStaatsanwaltschaft zur Verfolgung von
Wirtschaftsstrafsachen und Korruption“ (WKStA) umbenannt. Die neue
Spezialbehörde ist bundesweit tätig und entgeht somit der Verflechtung
in lokale Netzwerke. Spezialisten für Bilanzierung, Finanzmarkt und
Buchhaltung arbeiten im Team mit den Staatsanwälten.
Dazu kommt
eine wesentliche Einschränkung des Weisungsrechts. Während alle anderen
Staatsanwaltschaften in den sogenannten clamorosen Fällen (für die
Öffentlichkeit interessante Fälle, etwa Verfahren gegen Politiker) jeden
Ermittlungsschritt über diverse Stationen ins Justizministerium
berichten müssen, sind diese Berichtspflichten für die neue
Spezialstaatsanwaltschaft gelockert: Sie kann selbst gegen Politiker
Ermittlungen aufnehmen, ohne darüber nach oben zu berichten. Die
Berichtspflicht setzt erst ein, wenn das Verfahren eingestellt oder
Anklage erhoben werden soll. Dies bedeutet ein wesentlich höheres Maß an
Unabhängigkeit, als es alle anderen Staatsanwaltschaften in Österreich
genießen, und gibt der neuen Behörde mehr Freiheit und
Selbstbewusstsein. So brachte die neue Staatsanwaltschaft im Fall
Birnbacher/Martinz die Anklage ein, während die lokale
Staatsanwaltschaft das Verfahren in früheren Jahren bereits zweimal
eingestellt hatte.
Die Aufbauarbeit durch den ersten Leiter der
Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, der vor Kurzem in den
Ruhestand wechselte, war stilprägend und hat neue Maßstäbe für die
öffentliche Anklage in Österreich gesetzt: Glastüren in den Büros, die
transparentes Handeln der Justiz symbolisieren; Videoaufzeichnung aller
Einvernahmen, was die Beschuldigtenrechte absichert und Unkorrektheiten
bei Einvernahmen weitgehend ausschließt. Die WKStA hat mittlerweile in
mehreren prominenten Verfahren Anklage erhoben – der öffentliche Respekt
dafür stärkt das Selbstbewusstsein der gesamten öffentlichen Anklage in
Österreich.
Neben Personalaufstockungen war für die
Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften auch die Anfang 2011 in Kraft
getretene große Kronzeugenregelung ein wichtiger Schritt:
Ex-Telekom-Austria-Vizefinanzvorstand Gernot Schieszler brachte als
erster Kronzeuge das Telekom-Strafverfahren ins Rollen.
Ein zur
Korruptionsverfolgung ganzwichtiges Element fehlt freilich noch:
Aufdeckungsarbeit wird vielfach erst durch sogenannte
Whistleblower-Regelungen möglich. Informanten müssen die Möglichkeit
haben, anonym mit Behörden zu kommunizieren und Wissen weiterzugeben.
Große Konzerne setzen vielfach auf internetbasierte
Whistleblower-Systeme, um firmeninterne Unregelmäßigkeiten aufzudecken.
So wie die USA will künftig auch die EU Geldprämien für Informationen zu
Wirtschaftsdelikten anbieten. In Österreich soll 2013 der Pilotversuch
einer Whistleblower-Regelung bei der WKStA starten.
Von großer
praktischer Bedeutung wäre auch die Untersuchung und Beschlagnahme
bedenklichen Vermögens. Die Abschöpfung des Vermögens schwächt
kriminelle Vereinigungen und Systeme nachhaltig. Die gesetzlichen
Bestimmungen dazu sind in Österreich noch nicht mit Leben erfüllt. In
Italien etwa werden laufend Millionen-Euro-Beträge von den
Staatsanwaltschaften sichergestellt, wenn ihre legale Herkunft nicht
belegt ist. In Slowenien sind führende Politiker zuletzt darüber
gestolpert, dass sie die Herkunft ihrer Luxuswohnungen und -fahrzeuge
nicht erklären konnten.

Wo steht Österreich also bei
der Korruptionsbekämpfung? Frühere Jahre, die verschlafen wurden, lassen
sich nicht aufholen. Viele Delikte sind verjährt, so mancher Verdacht
ist großzügig mit einer Verfahrenseinstellung bedacht worden. Im Moment
ist das Glas wohl zur Hälfte gefüllt, sodass sich – zumindest was die
Korruptionsbekämpfung in Österreich betrifft – sowohl Optimisten als
auch Pessimisten in ihrer Haltung bestätigt fühlen können. Der gute
Start der WKStA lässt für die Zukunft hoffen. Den nächsten wesentlichen
Fortschritt könnte die Einführung eines an erfolgreichen ausländischen
Beispielen ausgerichteten Whistleblower-Systems bringen. Mittelfristig
sollte ein Transparenzgesetz das generelle Amtsgeheimnis abschaffen, die
Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaften gegenüber dem
Justizministerium sollte aufgegeben werden.
Neben den jüngsten
Ermittlungserfolgen und Anklagen gibt es freilich weiterhinblinde
Flecken: So liegt in Österreich die gesamte Bilanz- und Börsenkontrolle
im Argen. Gesetzesverstöße bleiben ohne ernsthafte Sanktion und
ermöglichen die Anlegertäuschung. Die vor wenigen Wochen beschlossene
neue sogenannte Bilanzpolizei wird daran wenig ändern: Entdeckte
Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften werden nicht zwingend
veröffentlicht. Gerade das wäre aber der Sinn der Ermittlungen: Der
Schutzzweck des Gesetzes wird durch die bloße
Veröffentlichungsmöglichkeit völlig unterlaufen. In Deutschland etwa
werden alle Verstöße veröffentlicht; Transparenz ist eben auch hier ein
Schlüsselelement.
Ein anderer Bereich, in dem die Korruption
unbehelligt blüht, ist der Sektor Medizin/Pharmazie. Die Ärzteschaft
lebt hierzulande geradezu in einer Bedienungsanleitung für Korruption.
Ein staatlich sanktioniertes Korruptionsszenario ist zum einen in der
durch die Krankenzusatzversicherungen mitverursachten Zweiklassenmedizin
mit intransparenten Operationswartelisten und übermäßigen
Nebentätigkeiten der Primarärzte in Privatspitälern zu sehen. An
öffentlichen Spitälern angestellte Ärzte sind nichtselten an
Privatkliniken beteiligt, die Nutzung öffentlicher Gesundheitsdienste
für Privatpatienten ist die Folge.
Das andere milliardenschwere
Problemfeld liegt in der Finanzierung von Medizinzeitschriften,
medizinischenKongressen, ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen und
sogenannten Qualitätszirkeln durch Pharmaunternehmen. Derlei
Veranstaltungen finden bevorzugt an attraktiven Reisezielen statt.
Reise- und Aufenthaltskosten zahlen jene Pharmaproduzenten, die ihre
Produkte an die versammelte Ärzteschaft verkaufen wollen – Anfütterung
im klassischen Sinn, noch dazu durch gesetzliche Ausnahmeregelungen im
Medizinrecht zulässig. So überträgt das Ärztegesetz der Ärztekammer die
Organisation von Fortbildungsveranstaltungen; § 3 der Verordnung der
Ärztekammer über ärztliche Fortbildung aus dem Jahr 2010 ermöglicht
Kooperationen von ärztlichen Fortbildungsanbietern mit an der
Fortbildung interessierten Organisationen, Einrichtungen und Dritten
(Sponsoren), welche einen Beitrag zur Entwicklung der
medizinisch-wissenschaftlichen Fortbildung leisten. Im Kommentar zur
Verordnung heißt es, der Sponsor, also in der Regel die Pharmafirma,
könne das Fortbildungsthema bestimmen.
Gleichzeitig verlangt die
Verordnung jedoch, Inhalte ärztlicher Fortbildung unabhängig von
wirtschaftlichen Interessen Dritter zu halten und die Zusammenarbeit
zwischen Sponsor und ärztlichem Fortbildungsanbieter so zu
gestalten,dass das Patientenwohl und die Wahrung der ärztlichen
Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit nicht gefährdet oder
beeinflusst werden – die Quadratur des Kreises. Anschaulich wird die
Problematik durch die Zahl der Pharmavertreter: 4000 Pharmareferenten
sorgen sich um 8000 niedergelassene österreichische Ärzte. In der
Schweiz und in Deutschland wird dieses enorme Korruptionsfeld – der
Schaden durch Korruption im Gesundheitswesen wird in Deutschland mit
jährlich 18 Milliarden Euro (zehn Prozent aller Gesundheitsausgaben)
geschätzt – immerhin bereits diskutiert. In Österreichwird das Thema
bisher totgeschwiegen. Transparency International spricht von einer
„Kuvert- und Zweiklassenmedizin“ in Österreich.
Der Kampf gegen
die Korruption ist also angelaufen – er wird Justiz und Gesellschaft
noch länger beschäftigen. Und er benötigt Unterstützung in vielen
Bereichen: Die Aufklärung über korrupte Systeme und über Möglichkeiten
zur Gegenwehr für den Einzelnen muss etwa in Schulen und anderen
Bildungseinrichtungen ansetzen, um ein neues gesellschaftliches
Bewusstsein zu schaffen. Das Rad muss dazu nicht neu erfunden werden –
zu allen Fragen finden sich Best-Practice-Modelle im Ausland. Was es
braucht, sind politischer Wille und zivilgesellschaftliche Anstrengung.

Eine Langfassung dieses Beitrags erscheint in der Zeitschrift „PolitiX“
(politikwissenschaft.univie.ac.at/institut/
institutszeitschrift-politix/aktuelles-heft/).
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 02.03.2013)

Beiträge per Email abonnieren

Ceija Stojka (1933 – 2013)

Prof. Ceija Stojka ist am 28.01.2013 im Alter von 79 Jahren gestorben. Sie wurde 1933 als Kind fahrender Lowara in einem steirischen Dorfgasthof geboren. Als Kind wurde sie mit ihrer Familie von den Nationalsozialisten verschleppt. Sie überlebte die Konzentrationslager Auschwitz, Bergen-Belsen und Ravensbrück. In den 1980er Jahren war sie die erste Romni, die ihre Erlebnisse aus der NS-Zeit aufschrieb und veröffentlichte. Sie leistete damit einen wertvollen Beitrag zur Aufarbeitung des bis dahin größtenteils verschwiegenen Völkermordes an den österreichischen Roma und Sinti. Die Erlebnisse dieser Zeit verarbeitete die autodidaktische Malerin auch in ihren Bildern. Bis kurz vor ihrem Tod engagierte sich Ceija Stojka für die Aufarbeitung des Völkermordes und gegen die Diskriminierung der Roma heute. In hunderten Workshops führte sie Gespräche mit SchülerInnen und erzählte ihnen von ihren Erlebnissen während der NS-Zeit, aber auch vom Leben und der Kultur der Lowara vor und nach dem Krieg. Für ihre künstlerische und politische Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet, 2009 wurde ihr der Berufstitel Professorin verliehen.

Text und Foto: Romano-Centro Wien

Beiträge per Email abonnieren

Filipa Cardoso im Cinema Paradiso

Giuseppe Tornatore hat mit seinem Cinema Paradiso im Jahr 1988 einen einprägsamen Film gedreht. Das Meisterwerk an Nostalgie und Melancholie gewann einen Oscar, Hauptdarsteller Philippe Noiret den Europäischen Filmpreis. 
 
Die Benennung eines Kinos nach diesem Film ist ein mutig-freches Unterfangen. Den Betreibern des St. Pöltner Cinema Paradiso ist dieser Versuch gelungen. Das 2002 eröffnete Programmkino erhielt bereits 2006 als bestes Kino Europas den Europa Cinemas Award.
Das Cinema Paradiso wurde dabei unter 479 Kinos aus 264 Städten und 29
europäischen Ländern ausgewählt. 

Als magischer Ort präsentierte sich das Cinema Paradiso zuletzt vorgestern Mittwoch: mit einem Konzert der erstaunlichen Fado-Sängerin Filipa Cardoso. Das Unternehmen von Kinogeschäftsführer Alexander Syllaba und Agenturchef Dietmar Haslinger, Filipa Cardoso zu einem Fado-Abend nach St. Pölten zu holen, ist gleichermaßen gewagt wie verdienstvoll: gehört Cardoso doch zu den Stars der Szene Lissabons und ist bereits in der New Yorker Carnegie Hall aufgetreten. Stimme und Bühnenpräsenz der Künstlerin, die den Fado ungewohnt lebenslustig und kraftvoll präsentiert, sowie drei kongeniale Musiker an Gitarren und Bass begeisterten das Publikum.  
Quelle: http://carinaisabella.wordpress.com/
Beiträge per Email abonnieren

Gläserner Staat statt gläsernem Bürger: Initiative für ein Transparenzgesetz

Der ehemalige
profil-Journalist Josef Barth und der Anti-Korruptionsexperte Hubert
Sickinger haben eine Initiative für ein österreichisches Transparenzgesetz gestartet. Tatsächlich ist das starke Gewicht des Amtsgeheimnisses in der österreichischen Verwaltung überholt und schadenbringend. Moderne Verwaltungen brauchen den Paradigmenwechsel: Transparenz sollte so bald wie möglich das Amtsgeheimnis ersetzen. Viele Staaten leben es vor. In der aktuellen politischen Situation besonders wichtig: Transparenz bedeutet effektive Vorbeugung gegen Korruption. Zu der neuen Initiative gibt es eine Seite im Netz: http://www.transparenzgesetz.at/ .
Beiträge per Email abonnieren

Korruption und Sühne – Text für DIE ZEIT Nr 48/2012

 
Vor dem Prozess gegen Ex-Minister Ernst Strasser
zeigt die Justiz frischen Elan bei Delikten im Umfeld der Politik. Der
Richter Oliver Scheiber verlangt allerdings viel mehr Transparenz bei
den Ermittlungen.
Einer der ehemals mächtigsten Minister der Regierung von Wolfgang
Schüssel steht ab nächster Woche in Wien vor Gericht. Dem
ehemaligen Innenminister und späteren Europaabgeordneten Ernst
Strasser wird Bestechlichkeit vorgeworfen, nachdem er im März des
vergangenen Jahres zwei britischen Undercoverreportern in die Falle gegangen war: Laut Anklage soll er vor einer versteckten Kamera seine
Bereitschaft erklärt haben, gegen Honorar im Sinne mysteriöser
Auftraggeber Gesetze zu beeinflussen. Der Prozess ist der vorläufige
Höhepunkt im Kampf der Justiz gegen Korruption, der anscheinend
Fahrt gewonnen hat. Demnächst schon wird sich auch der politiknahe
Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly im Zusammenhang mit Tätigkeiten im
globalen Waffengeschäft vor Gericht verantworten müssen.

Zwei Monate nach den noch nicht rechtskräftigen Urteilen gegen den
ehemaligen Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz und den Steuerberater
Dietrich Birnbacher, denen ein Millionenhonorar für ein fragwürdiges
Gutachten zum Verhängnis wurde, glauben nun einige Medien, bei der
Verfolgung von Delikten, in die Politiker verwickelt sind, sei eine
Trendwende eingetreten. Selbst wenn der Leiter der
Korruptionsstaatsanwaltschaft Walter Geyer angesichts der Fülle an
Fällen einschränkt, dass »auch das, was wir jetzt sehen, nur die Spitze
des Eisbergs« sei.

Innerhalb der Justiz empfindet man indes das Birnbacher-Verfahren
überwiegend als Durchbruch. Es zeigt, wie wichtig es ist, Fälle von
Wirtschaftskriminalität und politischer Korruption vor Gericht zu
bringen, sobald die Verdachtslage dicht ist. Wichtig deshalb, weil sich
das von der Staatsanwaltschaft geführte Ermittlungsverfahren ganz
entscheidend von der Verhandlungssituation vor Gericht unterscheidet.
Kurz gesagt: Das Ermittlungsverfahren ist geheim, das Hauptverfahren
öffentlich.
Strafrechtliche Ermittlungen werden zunächst von Polizei und
Staatsanwaltschaft geführt. Diese Verfahren sind nicht öffentlich, die
Entscheidungen der Staatsanwaltschaft bleiben in der Regel im Dunkel des
Aktenlagers. Sobald die Staatsanwaltschaft eine Anklage erhebt, wird
gleichsam das Licht aufgedreht. Bei der öffentlichen Hauptverhandlung
vor Gericht können sich Medienvertreter und interessierte Bürger ein
eigenes Bild über die Gewichtigkeit der Beweise machen. Dies ist
zunächst einmal für viele Angeklagte unangenehm. Wer sich bei der
Vernehmung im Zimmer des Wirtschaftspolizisten oder Staatsanwalts an der
Seite seines Starverteidigers noch beruhigt zurücklehnt, die Aussage
verweigert oder skurrile Ausflüchte zum Besten gibt, der verspürt im
Gerichtssaal ganz anderen Druck. Wenn eine mögliche Haftstrafe näher
rückt, veranlasst es den einen oder anderen auszupacken.
Die Gerichte wiederum erklären ihre Entscheidungen öffentlich – im
Birnbacher-Verfahren erläuterte der Richter eineinhalb Stunden lang sein
Urteil im Verhandlungssaal. Öffentlichkeit und Transparenz des
Verfahrens stellen hohe Anforderungen an den verhandlungsleitenden
Richter. Der Druck wirkt qualitätssichernd. Gleichzeitig schafft die
öffentliche Verhandlung Vertrauen.
Die Richterschaft hat gegenüber ihren Kollegen bei den
Staatsanwaltschaften freilich einen Vorteil, wenn es darum geht, in
heiklen Fällen rasch und ohne falsche Rücksichtnahme zu agieren. Richter
agieren tatsächlich unabhängig. Sie müssen ihre Vorgangsweise mit
niemandem abstimmen, niemanden vorab informieren und sich auch im
Nachhinein nicht rechtfertigen. Sie verhandeln die Sache öffentlich und
begründen ihre Urteile zuerst mündlich, dann schriftlich. Wenn die
Verfahrensparteien gegen das Urteil berufen, beurteilt das Höchstgericht
den Fall endgültig.
Anders bei den Staatsanwaltschaften: Staatsanwälte sind in Österreich
weisungsgebunden. Für sogenannte »clamorose Causen«, also Fälle von
besonderem öffentlichem Interesse, gilt Berichtspflicht. Ein kafkaeskes
Regelwerk aus Gesetzen, Verordnungen und internen Erlässen schreibt vor,
wann und wie Staatsanwälte in heiklen Strafsachen ihre Vorgesetzten in
der Justiz über ihre geplante Vorgehensweise zu informieren haben.
Jeder Ermittlungsschritt wird von Gruppenleitern, Leitern der
Staatsanwaltschaften, Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium
begutachtet und gegengezeichnet. In größeren Verfahren wandert auf diese
Weise ein Akt mehrmals vom bearbeitenden Staatsanwalt ins
Justizministerium und zurück, und jedes Mal durchläuft er dabei gut
sieben Stationen. Das verursacht bei bestem Bemühen aller Beteiligten
erhebliche Zeitverzögerungen. Vor allem aber übt dieses institutionelle
Misstrauen eine lähmende Wirkung aus. Am Ende der Weisungskette steht
das Justizministerium, das auch für Personalentscheidungen zuständig
ist, also über die Karrieren der Staatsanwälte entscheidet. Dieser
Umstand wird kaum einen Staatsanwalt bei einem politisch heiklen
Verfahren beflügeln.
Angesichts dieser Rahmenbedingungen verwundert es wenig, wenn die
Gerichte im Vergleich zur Staatsanwaltschaft entschlossener auftreten.
Der Gesetzgeber ist schlecht beraten, wenn er von Richtern und
Staatsanwälten erwartet, heldenhaft aufzutreten. Er muss ihnen vielmehr
Strukturen bieten, die unabhängiges Handeln erleichtern. Bei den
Richtern ist das weitgehend gelungen: Sie sind bei der Führung
politischer Verfahren nicht durch Ängste um die eigene Karriere und das
künftige Arbeitsklima behindert. Sie können im Großen und Ganzen frei
und ohne Rücksichtnahmen nach ihrer rechtlichen Überzeugung und ihrem
Gewissen handeln.
Es ist kein Zufall, dass es das Birnbacher-Verfahren erst im dritten
Anlauf zur Anklageerhebung schaffte, nämlich in dem Moment, in dem die
2009 neu geschaffene Korruptionsstaatsanwaltschaft den Fall an sich zog.
Dieser neuen Spezialbehörde hat der Gesetzgeber in mehrfacher Hinsicht
besseres Werkzeug zur Hand gegeben. Zunächst ist diese Sondereinheit
bundesweit tätig und zentralisiert, sie handelt also losgelöst von der
Verflechtung in lokale Netzwerke. Zudem arbeiten bei ihr Spezialisten
für Bilanzierung, Finanzmarkt und Buchhaltung Tür an Tür mit
Staatsanwälten. Vor allem aber, und das scheint ganz entscheidend, sind
die Berichtspflichten für die neue Staatsanwaltschaft gelockert. Sie

kann selbst gegen Politiker Ermittlungen aufnehmen, ohne darüber nach
oben zu berichten. Die Berichtspflicht setzt erst ein, wenn das
Verfahren eingestellt oder Anklage erhoben werden soll. Für den guten
Start der neuen Spezialstaatsanwaltschaft war zudem die Person des
ersten Leiters mitentscheidend. Walter Geyer nahm in der Kombination von
Kompetenz und Courage seit Langem eine herausragende Stellung innerhalb
der öffentlichen Anklage in Österreich ein.

Einige weitere Gesetzesnovellen der letzten Jahre erleichtern
zusätzlich die Korruptionsbekämpfung: Der Gesetzgeber hat die
Korruptionsgesetze 2008 verschärft, sie allerdings 2009 wieder
aufgeweicht und erst vor einigen Monaten durch die Wiedereinführung des
wichtigen Anfütterungsverbots neuerlich angezogen. Die Einführung einer
großen Kronzeugenregelung Anfang 2011 wirkte sofort positiv:
Ex-Telekom-Austria-Vizefinanzvorstand Gernot Schieszler brachte als
erster Kronzeuge das Telekom-Strafverfahren ins Rollen.
Die Korruptionswelle, die Österreich überflutet hat, verlangt eine
schonungslose politische sowie strafrechtliche Aufarbeitung. Für die
Schlagkraft der Strafjustiz wird die Nachbesetzung in der Wirtschafts-
und Korruptionsstaatsanwaltschaft ganz entscheidend sein – ihr Leiter
Walter Geyer wechselt dieser Tage in den Ruhestand. Die noch immer junge
Behörde benötigt an der Spitze wiederum eine Persönlichkeit von seinem
Format.
Darüber hinaus wäre es unterstützend, wenn der Gesetzgeber den
Staatsanwaltschaften mehr Transparenz gestattete. Was spricht dagegen,
die Begründungen von Verfahrenseinstellungen (zumindest in Fällen von
öffentlichem Interesse) verpflichtend im Internet bekannt zu machen?
Wenn staatliche Entscheidungsträger ihr Handeln erläutern müssen, ist
das seit je ein taugliches Rezept zur Erhöhung der Qualität. Das
Interesse der Bevölkerung an einer funktionierenden öffentlichen Anklage
steht hier über den Datenschutzinteressen der an den Verfahren
beteiligten Personen.
Eine ernste Überlegung wäre das italienische Beispiel wert. Im
Nachbarland genießen die Staatsanwälte dieselbe Unabhängigkeit wie die
Richter – mit durchaus gutem Erfolg. Will man sich nicht so weit
hinauswagen, so müsste in jedem Fall das herrschende Berichtswesen
radikal gestutzt werden.
Nach der Einführung der Kronzeugenregelung wäre eine Schutznorm für
die sogenannten Whistleblower der logische nächste Schritt. Erfolgreiche
Korruptionsbekämpfung kann auf Insider, die im Schutz der Anonymität
ihr Wissen über sinistre Vorgänge an Behörden herantragen, schwer
verzichten. Spannende Vorbilder für solche Regelungen finden sich im
Ausland, vor allem in den USA und in Großbritannien, aber ebenso auf
Länderebene in Deutschland.
Schließlich lässt sich auch justizintern einiges verbessern. Das
EU-Recht sieht gemischte Ermittlungsteams von Staatsanwälten mehrerer
Mitgliedsländer vor. Eurojust, eine EU-Einrichtung, dient als
hochrangige Service- und Koordinierungsstelle europaweiter
Strafverfolgung. Die Nutzung dieser Einrichtungen muss in den einzelnen
Staatsanwaltschaften zum selbstverständlichen Instrumentarium der
Strafverfolgung werden, gerade dort, wo sich, wie in vielen der
aktuellen Fälle, die verräterische Spur des Geldes über alle
Landesgrenzen hinweg zieht.
Wenn man davon ausgeht, dass bei der Verfolgung von Bestechungsfällen
und Wirtschaftsdelikten, in die Politiker involviert sind, im
Justizsystem ein frischer Wind weht, so muss nun der noch junge Elan
durch eine ganze Palette begleitender Maßnahmen abgesichert werden.
Entschlossene Korruptionsbekämpfung ist nicht nur ein Indikator für die
Reife einer Gesellschaft, sie ist auch prägend für das Vertrauen der
Bevölkerung in Rechtsstaat und Justiz.
Beiträge per Email abonnieren