Ganz und gar kein Kübelfaller: Zum Tod von Ernst Hinterberger (1931-2012)

Der Wiener Schriftsteller und Drehbuchautor Ernst Hinterberger ist tot. Mit dem Mundl hat er eine Figur geschaffen, die zum Synonym eines bestimmten Typus des Wieners und Teil des allgemeines Sprachschatzes geworden ist, im „Kaisermühlen Blues“ hat er Wien besser abgebildet als jeder Feuilletonist. Seine (Dreh)Bücher konnten böse sein, doch getragen war sein Werk von einer tiefen Liebe zu den Menschen. Und Hinterberger war authentisch: bis zuletzt lebte er in einer kleinen Gemeindewohnung, mit Blick auf den lauten Wiener Margaretengürtel.
Ernst Hinterbergers Stärke war es, das Einfache nicht kompliziert zu reden und auch das Unangenehme beim Namen zu nennen. Das hat er bis zuletzt so gehalten, so auch in einem Interview mit dem Standard im vergangenen November:

STANDARD: … Sie leben seit jeher in Wien-Margareten. Welche andere Lieblingsgegend haben Sie? Sicher den Prater mit seiner Halbwelt.
Hinterberger: Ja, den zweiten Bezirk. Da war ich viel unterwegs, der ist meine Gegend. Ich hab die Leut, Lokale, Prostituierten, Zuhälter und die Sprache gekannt. Das waren im Prinzip ehrliche Leut. Eine Hure sagt: „Ich geh am Strich“, und damit ist die Sache erledigt. Ein Zuhälter sagt, „I bin a Zuhälter“, und nicht „Ich bin Berater.“ …
STANDARD: Haben Sie eigentlich ein Wienerisches Lieblingswort?
Hinterberger: Kübelfaller.
STANDARD: Kübelfaller?
Hinterberger: Die Wiener sind ja in der Nacht auf den Kübel gegangen, weil das Klo am Gang war. Wenn da eine Frau eine Sturzgeburt hatte, dann ist das Kind kopfüber in den Kübel g‘fallen, danach war es für immer ein bisserl deppert.
STANDARD: Ist das grauslich.
Hinterberger: Das ist Wienerisch. Es weiß aber heute auch niemand mehr, was ein Kas ist. Nicht der Käse, sondern ein Justizwachebeamter. Die haben nämlich früher Kaiserlicher Amtssoldat geheißen: K-A-S. Oder: „Wen machen“: wen töten. Oder „Buckl“. Das ist einer, der für seinen Chef seinen Rücken hinhält, der Bodyguard.

Foto: APA
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