Renée Schroeders Austritt aus der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Renée Schroeder, Professorin am Department für Biochemie der Max F. Perutz Laboratories, einem Joint venture von Universität Wien und Medizinischer Universität Wien, ist eine der führenden Wissenschaftlerinnen des Landes. 2003 erhielt sie den bedeutendsten und bestdotierten Wissenschaftspreis Österreichs, den Wittgensteinpreis, für ihre Forschungen an RNA-Molekülen. Im selben Jahr wurde sie als zweite Frau wirkliches Mitglied der mathematisch-naturnaturwissenschaftlichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
Gestern erklärte Renée Schroeder mit folgendem Schreiben ihren Austritt aus der ÖAW:

Sehr geehrtes Präsidium,
Hiermit möchte ich Ihnen meinen Austritt als wirkliches Mitglied der ÖAW mitteilen.
Meine Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren bei der ÖAW gemacht habe, haben
mich davon überzeugt, dass es der Gelehrtengesellschaft der ÖAW weder um die
Förderung von Exzellenz noch um wissenschaftliche Erkenntnisse geht. Aus
Solidarität mit jenen exzellenten WissenschaftlerInnen, denen es wegen ihres
kulturellen Hintergrundes oder ihrer politischen Einstellung nicht möglich ist, Mitglied
dieser Gesellschaft zu werden, lege ich meine Mitgliedschaft zurück.
Es ist mit meinem Gewissen und mit meinen Vorstellungen, wie wissenschaftliche
Qualität gefördert werden soll, nicht mehr vereinbar Mitglied dieser Gesellschaft zu
bleiben. Eine Gelehrtengesellschaft sollte sich innovativ mit Zukunftsfragen
auseinandersetzen. Es kann nicht sein, dass die Mitglieder der jungen Kurie nicht
wahlberechtigt sind, während unbegrenzt viele nicht mehr aktive Wissenschaftler das
Geschehen der ÖAW bestimmen. Sollte die ÖAW nicht von aktiv forschenden
WissenschafltlerInnen getragen werden?
Mit freundlichen Grüßen

Interessierte Beobachter erleben ein Deja vue: vor genau zehn Jahren hat die Akademie der Wissenschaften ein Projekt der international renommierten Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak, ebenfalls Wittgensteinpreisträgerin, regelrecht abgedreht. Die Umsetzung ihres Mission statement („Gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag, die Wissenschaft in jeder Hinsicht zu fördern, und im Bewusstsein ihrer gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Verantwortung unterstützt und betreibt die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) anwendungsoffene Grundlagenforschung.“) will der ÖAW nicht so recht gelingen. Die Wahrnehmung von gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Verantwortung ist bei Ruth Wodak und Renée Schroeder jedenfalls in besseren Händen.
Renée Schroeder
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