Der Amtstag bildet ein Spezifikum der österreichischen Rechtsordnung. Zumindest ein Mal wöchentlich (zumeist dienstags vormittag) besteht bei allen Bezirksgerichten die Möglichkeit, direkt bei Richterinnen und Richtern Rechtsauskünfte zu anhängigen Verfahren oder zu beabsichtigten rechtlichen Schritten einzuholen. Einfache Klagen und Anträge können sofort zu Protokoll genommen werden.
Während in vielen anderen europäischen Ländern kaum Gelegenheit besteht, mit Richterinnen und Richtern außerhalb der Verhandlung in Kontakt zu treten, bietet Österreichs Justiz mit dem Amtstag einen kostenfreien, einfachen Weg zum Recht. Für viele Menschen bedeutet das Aufsuchen eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin eine nicht unerhebliche finanzielle und psychologische Barriere. Der Amtstag dagegen ist eine gewachsene, in der breiten Bevölkerung bekannte und gut angenommene Einrichtung, die gleichzeitig dafür sorgt, dass die Justiz ihr Ohr an der Bevölkerung behält und BürgerInnennähe kein Schlagwort bleibt. Gut also, dass Bestrebungen zur Einschränkung des Amtstags vor zwei Jahren gescheitert sind. Was den Zugang zum Recht betrifft, könnte die gerade als Pilotversuch gestartete Familiengerichtshilfe einen Qualitätsschub bringen – Familienrechtsverfahren könnten schneller, rascher, einfacher werden.
Nur eine Autostunde von Wien entfernt ist der Semmering im Laufe der letzten Jahrzehnte langsam aus dem Bewusstsein der Wiener gewichen. Nähert man sich der Passhöhe, so verstärkt sich der Eindruck des verwunschenen Luftkurorts, der von seiner Vergangenheit lebt und auch bei größter Anstrengung nicht mehr in der Gegenwart ankommen kann.
Ein Wochenendbesuch hinterlässt eine Vielzahl von Eindrücken: beim Hotel Panhans etwa ist der Service bescheiden geworden, doch immer noch bestechen Dimension und Lage (das grandiose Südbahnhotel verfällt derweil, ein Jammer, dass weder Land noch Bund zwecks Rettung aktiv werden); zum Essen und Übernachten hält man sich besser an das angenehme Hotel Löffler. Der Zauberberg bietet unter anderem das größte Nachtschigebiet Europas, und das wenige Kilometer entfernete Schigebiet Stuhleck braucht, was den Standard der Liftanlagen und Pisten betrifft, den Vergleich mit Westösterreich nicht zu scheuen. Und während es unten im Wiener Becken regnet, fällt hier über Nacht ein halber Meter Schnee…
Seit mehr als einem Jahr läuft die Zusammenarbeit zwischen dem Max Reinhardt Seminar und dem Bezirksgericht Meidling. Der Gedanke, der der Initiative zu Grunde lag – Justiz hat viel Macht, sie benötigt ständige Anstöße zu Reflexion, Kritik und Selbstkritik – hat sich mit der Produktion „Strafsache Gregor Samsa“ in idealer Weise verwirklicht. Zwischen 15.7.2011 und 13.1.2012 haben insgesamt mehr als 300 BesucherInnen die acht Aufführungen im Verhandlungssal F des Bezirksgerichts Meidling verfolgt.
Johanna Wolff, Tino Hillebrand (Foto: Mira König)
Unter den BesucherInnen: die Präsidenten der Wiener Gerichtshöfe Dr. Marlene Perschinka und Mag. Friedrich Forsthuber, die Leiterin des Polnischen Kulturinstituts in Wien, Mag. Justyna Golinska, der Leiter des Italienischen Kulturinstituts Dr. Fabrizio Iurlano, Professoren von Universität Wien, Wirtschaftsuniversität Wien sowie der Kunstakademien (Univ. Prof. Dr. Martin Stegu, Univ. Prof. Dr. Franz Pöchhacker, Univ.Prof. Dr. Mira Kadric, Prof. Anna Maria. Krassnigg), die Richterin des OLG Wien, Dr. Mia Wittmann-Tiwald, die stellvertretende Generalsekretärin der Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen Dr.in Alexia Stuefer, der Dokumentarfilmer Dr. Wilhelm Rösing, die Schriftsteller Franz Schuh und Gerhard Scheit, der Träger des Ehrenzeichens der Stadt Wien, Friedrich Zawrel, der Konzernsprecher der Wiener Stadtwerke, Mag. Thomas Geiblinger, und der Leiter des AMS-Meidling i.R. Herbert Fritz.
Johanna Wolff, Tino Hillebrand, Konstantin Shklyar
Was den aus den Medien bekannten Großkorruptionisten des letzten Jahrzehnts nicht gelungen ist, haben Alexander Wrabetz und Niko Pelinka mit ihrer weihnachtlichen Kommandosache Büroleiter geschafft: sie haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Die kritische Intelligenz scheint von den ständigen augenzwinkernden Rechtsbrüchen die Nase voll zu haben und schreitet mit Kreativität zur Gegenwehr. Diese Woche bringt uns zunächst eine beispiellose Protestaktion von ORF-RedakteurInnen auf youtube; Niko Pelinka wird, so viel scheint klar, seinen Job nie antreten. Alexander Flendrovsky schreibt im STANDARD einen der treffendsten Kommentare zu dieser Affäre und zum Themenkreis Rechtsstaatlichkeit und Korruption in Österreich, den man bisher lesen konnte. Der Nationalrat schickt sich an, verbal verschämt, aber doch, ein Gesetz zur Rehabilitierung der Opfer des Austrofaschismus zu beschließen. Fast vermeint man so etwas wie Zeichen des Aufbruchs zu spüren.
Die Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO) hat Österreich mit ihrem jüngsten Bericht eine – wie es der Politikwissenschaftler Hubert Sickinger formuliert – Ohrfeige verpasst. Die kommt freilich nicht unerwartet. Über Initiative der ehemaligen Justizministerin Maria Berger wurde das österreichische Korruptionsstrafrecht 2008 verschärft; über Initiative ihrer Nachfolgerin 2009 in entscheidenden Punkten aufgeweicht. Seit damals haben ExpertInnen die diversen negativen Konsequenzen vorausgesagt. Nachzulesen auch in der ZEIT Nr. 29 aus 2009.